Elektroauto zum Nulltarif? Der “Dänemark-Deal“
Elektroauto fahren zum Nulltarif? Das geht! Das geht, indem man den Elektroauto-Bonus hierzulande abgreift und das Auto nach der für den Bonus vorgeschriebenen Mindesthaltedauer sofort wieder verkauft. Und zwar vor allem nach Dänemark. So landet der Elektroauto-Bonus nicht in der Gestalt von mehr Elektroautos auf deutschen Straßen, sondern als Gewinn in den Taschen der Autokäufer oder auch findiger Autohändler. Aber warum funktioniert das? Und ist das legal? Das beantworte ich Dir hier.
Der erste Schlüssel zum “Dänemark-Deal“ ist die Zulassungssteuer
Dänemark erhebt für die Zulassung eines Fahrzeuges saftige Steuern. Diese werden deshalb seit je her gerne „Luxussteuer“ genannt, aber sie werden bei der Zulassung erhoben. Wer einen Neuwagen zulässt muss – je nach Neuwagenpreis, also Wert des Wagens, 25%, 85% und 150% „Registreringsafgift“ Zulassungssteuer bezahlen. Kostet ein Auto unter 65.800 Kronen (8800 Euro) sind die niedrigen 25% fällig. Kostet das Auto von 65.800 bis 204.600 Kronen (27.500 Euro) sind es 85% und und ab diesen 204.600 Kronen aufwärts dann 150%. Es gilt, je teurer das Auto ist, umso höher fällt diese Zulassungssteuer aus. Deshalb der „Spitzname Luxussteuer“.
Rechnen wir das doch mal für einen glatten Betrag von 10.000 Euro durch. Auf diesen Neuwagenpreis kommen 85 % Zulassungssteuer oben drauf. Der Käufer bezahlt damit 18.500 Euro, um mit diesem Wagen vom Hof des Händlers fahren zu können. Wenn ein Däne aber einen gebrauchten Wagen aus dem Ausland importiert beziehungsweise einen solche kauft, dann wird nur noch der aktuelle abgeschriebene Marktwert zur Berechnung der Steuer benutzt. Wenn ein Däne einen “sehr jungen Gebrauchten“ kauft, dann fährt er ein quasi neuwertiges Auto für deutlich weniger Geld als ihn ein Neuwagen kosten würde, denn auch die Zulassungssteuer wird günstiger. Dazu gleich mehr.
Der zwei Schlüssel zum “Dänemark-Deal“ ist der E-Autobonus
Und genau hier setzt der „Dänemark-Deal“ an, der vor allem bei den Elektroautos von Tesla sehr beliebt ist. Der deutsche Kunde kauft einen Tesla und zwar subventioniert mit dem E-Autobonus von 6000 Euro und der Aufstockung auf diesen Bonus, den der Händler noch oben drauf legt. Das sind nochmal bis zu 3000 Euro. Bislang sieht der Staat für die Gewährung des Elektroauto-Bonus eine Mindesthaltedauer von sechs Monaten vor. Der Autokäufer fährt den Wagen diese sechs Monate.
Dann verkauft er den Wagen gebraucht nach Dänemark. In Dänemark ist ein neuer Tesla deutlich teurer, es sollen im Vergleich zu Deutschland abhängig von der Ausstattung im Durchschnitt 10.000 Euro mehr. Deshalb werden in Dänemark für einen gebrauchten Tesla beim Import gute Preise bezahlt. Damit kann der deutsche Autobesitzer den Wagen quasi zum regulären deutschen Neuwagenpreis in Dänemark gebraucht an den Mann bringen. Wenn der Autokäufer das privat macht, hat er den E-Autobonus in Höhe von 6000 oder durch die Händleraufstockung sogar bis zu 9000 Euro als Gewinn im Sack.
Rechnen wir das mal an “geglätteten“ Zahlen durch, damit es einfacher und übersichtlicher zu rechnen ist. Der Kunde kauft einen Tesla Model 3 in Deutschland für 50.000 Euro Neupreis. Da er aber vom Staat 6000 Euro Elektroauto-Autobonus bekommt und der Händler diesen nochmal um 3000 Euro aufstockt, bezahlt er für den Wagen tatsächlich nur 41.000 Euro.
Nach sechs Monaten verkauft er den Tesla Model 3 dann in Dänemark als gebrauchtes Fahrzeug. Und weil der Tesla Model 3 in Dänemark als Neuwagen deutlich teurer ist und 60.000 Euro kosten würde, kann er seinen gebrauchten Wagen dort für 50.000 Euro an den Mann bringen. Bezahl hat er 41.000, bekommen hat er 50.000 und damit kassiert er 9000 Euro.
Tierisch wichtig: Mit dem Hund nach Dänemark, das musst Du wissen!
Der Deal rechnet sich genauso für den dänischen Käufer eines gebrauchten Tesla. Kauft er den Wagen in Dänemark beim Händler für 60.000 Euro neu, dann zahlt er durch die 150% Zulassungssteuer satte 150.000 Euro. Kauft er den jungen gebrauchten für 50.000 Euro, zahlt er bei immer noch 150% Zulassungssteuer nur noch 125.000 Euro für den Wagen. Er spart 25.000 Euro.
So machen Händler mit dem “Dänemark-Deal“ Kasse
Es gibt pfiffige Händler, die aus diesem “Dänemark Deal“ ein Geschäftsmodell gemacht haben. Mehrfach wurde in verschiedenen Medien wie der Bild darüber berichtet. Beispielsweise von einen Händler in Mönchengladbach, der ganz offen damit wirbt oder besser warb “E-Auto fahren zum Nulltarif“. Und das funktioniert fast genau so.
Der Händler verkauft einem Kunden einen Tesla unter Ausnutzung des staatlichen E-Auto-Bonus von 6000 Euro. Nehmen wir wieder die 50.000 Euro an. Der Kunde bezahlt demnach nur 44.000 Euro. Nach dem vorgeschriebenen halben Jahr Mindesthaltedauer kauft der Händler den Wagen zu genau diesem Preis von 44.000 Euro zurück. Der Kunde ist damit ein halbes Jahr lang kostenlos mit dem Tesla gefahren und hat höchstens Geld für den Strom zum Laden bezahlt. Der Händler exportiert den Tesla nun als gebrauchten Wagen nach Dänemark und bekommt dort 50.000 Euro. Damit hat er dann 6000 Euro Gewinn gemacht … auf Staatskosten! Und beim ursprünglichen Verkauf des Neuwagens in Deutschland wird er sicherlich noch seine normale Händlermarge verdient haben.
E-Autos sind in Dänemark beliebt
In Dänemark siehst Du, wenn Du dort unterwegs bist, viele Teslas und auch Elektroautos allgemein. Zunächst in den Städten, aber vor allem auch auf der E45, der Verkehrs-Hauptschlagader im Land. Die Versorgung mit Ladestationen für Elektroautos ist gut, auf vielen selbst einfachen Parkplätzen entlang der E45 findet man kleinere Ladesäulen mit zwei oder vier Lademöglichkeiten.
Schon vor einigen Jahren hatte ich immer den Eindruck – der natürlich täuschen mag – das man in Dänemark öfter einem Tesla begegnet, als bei uns in Deutschland. Die Beliebtheit von E-Autos spielt den Betreibern dieses „Dänemark-Deal“ natürlich in die Hände.
“Dänemark-Deal“ ist legal aber unmoralisch und unanständig
Das beste an diesem „Geschäftsmodell“ aber ist, dass es tatsächlich vollkommen legal ist. So lange für den Elektroauto-Bonus die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindesthaltezeit von sechs Monaten eingehalten wird, darf ganz legal genau so verfahren werden. Weder der Kunde noch der Händler machen sich strafbar, wenn sie den Wagen nach diesen sechs Monaten mit Gewinn nach Dänemark, oder in ein anderen Land exportieren. Das beliebtes Zielland dieses Geschäftsmodells ist aber wohl Dänemark, gefolgt von anderen skandinavischen Ländern.
Kennst Du schon mein Dänemark-Quizz?
Legal ist der „Dänemark-Deal“ damit, aber man darf hier die Frage stellen, wie das moralisch zu betrachten ist. Die staatliche Förderung namens „Innovationsprämie“ für den Kauf eines Elektroautos soll dazu dienen, die Elektromobilität hierzulande zu fördern. Sie war nicht dazu gedacht, dass sich findige Personen darüber die Taschen vollmachen oder Händler dass als Umsatz-Booster nutzen. Nochmal, diese Masche zur Bereicherung ist legal, wer das tut, macht sich nicht strafbar. Aber er macht sich trotzdem zu Lasten der Steuerzahler die Taschen voll, denn wie wird dieser E-Auto-Bonus wohl finanziert?!
Mittlerweile – oder eher endlich – hat auch der deutsche Gesetzgeber diese Masche erkannt und plant, im Jahr 2023 dagegen vorzugehen. So soll die Förderung für Elektroautos zum einen umgearbeitet und noch stärker auf den Klimaschutz ausgerichtet werden. Die Förderbeträge werden dabei sinken. Statt der 6000 Euro vom Staat – aufstockbar durch den Händler auf maximal 9000 Euro – gibt es vom Staat nur noch 4500 Euro für Autos, die bis 40.000 Euro kosten und nur noch 3000 für Autos, die teurer sind als 40.000 Euro. Damit werden die „Gewinnmargen“ des „Dänemark-Deals“ ebenfalls sinken. Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge fallen ab 1. Januar 2023 ganz aus der Förderung heraus.
Die Mindesthaltedauer für ein gefördertes Elektrofahrzeug steigt von sechs auf zwölf Monate. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Wertverlust des Wagens dann so groß ist, dass dieser „Dänemark Deal“ sich nicht mehr lohnt. Denn der Elektroauto-Bonus soll schließlich dazu führen, dass mehr Elektroautos in Deutschland unterwegs sind und nicht als indirekte Wirtschaftsförderung oder „Gewinnspar-Modell“ missbraucht werden.