Handball in Dänemark: Vom Volkssport zur Weltspitze
Handball begeistert weltweit Millionen von Menschen – schnelle Pässe, spektakuläre Tore und pure Emotionen. Doch wenn es um die Elite dieses Sports geht, führt kein Weg an Dänemark vorbei. Mit vier Weltmeistertiteln in Folge (2019, 2021, 2023 und 2025) und weiteren Erfolgen wie dem Olympiasieg 2016 und 2024 hat sich das Land als Handballnation Nummer eins etabliert. Doch warum sind die Dänen so gut im Handball? Und haben sie diesen Sport tatsächlich erfunden? Ein Blick auf Geschichte, Strukturen und Kultur des Handballs im Königreich liefert spannende Antworten.
Handball: Ein dänisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt
Beginnen wir mit der Frage, ob die Dänen den Handball erfunden haben. Tatsächlich entwickelte der dänischen Lehrer und Oberstleutnant Holger Louis Nielsen aus Ordrup bei Kopenhagen im Jahr 1898 Regeln für ein Spiel namens „Haandbold“. Der Ball, wurde auf ein Tor geworfen und durfte maximal drei Sekunden in der Hand gehalten werden, bevor er zu einem anderen Spieler oder eben auf das Tor geworfen werden musste. Und mit dem Ball in der Hand durfte nicht gelaufen werden. Laufen durften die Spieler nur ohne Ball.
Nielsen wollte diesen Sport als Schulsport etablieren und zunächst ebenfalls vor allem für Mädchen. Die Regeln unterschieden sich allerdings erheblich von den heutigen Regeln und es wurde vor allem im Freien gespielt. Im Jahr 1906 veröffentlichte Nielsen seine Regelwerk für das Spiel dann weltweit.
Parallel dazu entstand in Deutschland eine ähnliche Entwicklung: Der Berliner Turnlehrer Max Heiser führte 1915 ein Spiel namens „Torball“ ein. Heiser wollte damit einen Ballsport für Mädchen entwickeln, damit diese sich ebenfalls sportlich austoben können. Jungenspiele, wie beispielsweise Fußball – damals eine reine Männerdomäne -, waren ihm zu hart und körperbetont. Deshalb war in den Regeln, die Heiser entwickelte auch jede Art von Kampf verboten und das Spiel sollte ohne Körperkontakt stattfinden. 1917 nannte er das Spiel dann in Handball um. „Torball“ gibt es aber heute noch, nur ist das heutzutage eine sehr beliebte Behindertenmannschaftssportart, die meist von blinden und sehbehinderten Menschen betrieben wird.
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Zwei Jahre später, im Jahr 1919 wurden die Regeln durch den Turnlehrer Carl Schelenz deutlich erweitert. Schelenz führte zum einen die Regel ein, dass der Ball auf dem Boden geprellt werden darf. Und er schaffte auch das Verbot von jeglichem Körperkontakt ab. Übrigens: Schelenz hat seine Regeln, die als Grundlage für den heutigen modernen Handball dienen, nicht nur aus den Regeln von Max Heiser abgeleitet. Er hat auch die Regeln des dänischen Entwicklers Holger Louis Nielsen einbezogen. Damit sind in die Regeln des modernen Spiels also auch die Regeln der dänischen Urversion des Sports eingeflossen.
Der Sport wurde dynamischer und spannender und auch für Männer attraktiv und geöffnet. Damit lässt sich sagen: Der moderne Handball ist das Ergebnis eines dänisch-deutschen Gemeinschaftsprojekts.
Warum dominieren die Dänen heute den beliebten Sport?
Die dänische Nationalmannschaft hat gestern, am 2. Februar 2025, zum vierten Mal in Folge die Handballweltmeisterschaft gewonnen. Unser nördliches Nachbarland gilt bei diesem Sport als Weltspitze. Aber warum sind die Dänen so unglaublich gut? Die Erfolgsgeschichte des dänischen Handballs beginnt quasi mit dessen Erfindung im Jahr 1898 und basiert heute auf mehreren Faktoren:
1. Tradition und Begeisterung
Handball ist im Land der Dänen Volkssport und nach Fußball die beliebteste Sportart. Bereits in den 1930er-Jahren wurde das Ballspiel als Schulsport etabliert, was bis heute eine zentrale Rolle spielt. Kinder beginnen oft schon im Grundschulalter mit dem Spiel, was eine breite Basis an Talenten schafft, aus dem das Land schöpfen kann.
2. Starke Vereinsstrukturen
Dänemark verfügt über ein dichtes Netz an Sportvereinen – über 700 im gesamten Land. Selbst kleine Städte haben moderne Sporthallen, und die Vereine arbeiten eng mit Schulen zusammen. Spitzenklubs wie Aalborg Håndbold oder GOG fördern konsequent Talente und bieten exzellente Trainingsbedingungen.
3. Ganzheitliche Nachwuchsförderung
Die Nachwuchsförderung ist einzigartig: Kinder werden spielerisch und mit viel Spaß an den Sport herangeführt, oft mit kleineren Spielfeldern oder leichteren Bällen. Der Fokus liegt nicht nur auf sportlicher Leistung, sondern immer auch auf Persönlichkeitsentwicklung. Trainer, Schulen und Familien arbeiten eng zusammen, um ein ausgewogenes Umfeld zu schaffen. Statt einer frühen Selektion werden die unterschiedlichsten Talente gefördert. Der Fokus liegt auf der Förderung der individuellen Fähigkeiten und zwar auch abseits des Spielfeldes. Unterschiedliche Spielertypen und Persönlichkeiten werden dabei als Stärke angesehen. Angesichts steigender Anforderungen im Sport, in der Schule und im sozialen Leben wird ein ausgewogenes Umfeld angestrebt.
4. Hochqualifizierte Trainer
In Dänemark legen die Vereine großen Wert darauf, dass schon die Jugendmannschaften von gut ausgebildeten Trainern betreut werden. Oft sind es ehemaligen Profis, die ihr Wissen und ihre Erfahrung an den Nachwuchs und neue Talente weitergeben. Diese Trainer setzen auf moderne Methoden und fördern sowohl technische als auch taktische Fähigkeiten. Aber eben auch soziale Aspekte und den Mensch als ganzes.
5. Teamgeist und Taktik
Dänische Spieler gelten als perfekte Teamplayer mit hoher Spielintelligenz. Die dänische Nationalmannschaft setzt dabei auf flache Hierarchien, kooperative und demokratische Strukturen, was den Zusammenhalt stärkt. Anders als im Fußball steht hier das gesamte Team im Mittelpunkt – nicht einzelne Stars.
6. Wissenschaftliche Unterstützung
Der dänische Handballverband „Dansk Haandbold“ investiert dabei immer gezielt in sportwissenschaftliche Forschung und moderne Methoden zur Spielanalyse. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Sports auf konstant höchstem Niveau.
2008: Der Wendepunkt
Ein Meilenstein in der Geschichte des dänischen Handballs war der Gewinn der Europameisterschaft im Jahr 2008 in Norwegen. Der Sieg gab den Sportlern und dem ganzen Land Auftrieb. Dieser Erfolg markierte den Beginn einer Ära, in der Dänemark zur dominierenden Nation im Welthandball wurde.
Fazit: Eine Erfolgsgeschichte aus Tradition und Innovation
Der Erfolg der Dänen im Handball ist kein Zufall. Er basiert auf einer perfekten Mischung aus Tradition, moderner Nachwuchsförderung, optimalen Rahmenbedingungen und einer einzigartigen Teamkultur. Und auch wenn der moderne Handball ein Gemeinschaftsprojekt von Dänen und Deutschen ist, bleibt unbestritten: Kein anderes Land lebt diesen Sport so intensiv wie Dänemark.
Mit dieser Kombination aus Leidenschaft und Professionalität wird Dänemark wohl noch lange an der Spitze des Welthandballs stehen – ein Vorbild für alle anderen Nationen!
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