Machs gut Tante Hilde und danke für die Hygge in meinem Herzen
Montag letzter Woche, am 12. Dezember, ist Tante Hilde gestorben. Nach 105 Jahren und einem langen, bewegten und in weitesten Teilen glücklichem Leben ist sie im Kreis ihrer Familie wohlbehütet eingeschlafen. Ich möchte Dir hier kurz ein bisschen was von ihr erzählen, denn schließlich ist Tante Hilde nicht nur die Namensgeberin dieses Blogs und des dazugehörenden Buches, an dem ich immer noch arbeite. Ihr habe ich meine Liebe und Verbundenheit zu Dänemark zu verdanken. Meine Dänemark-Geschichte beginnt mit ihr.
Meine Eltern sind schon mit mir nach Dänemark in den Urlaub gefahren, als ich noch ein kleines Kind war. Eines der ersten Bilder von mir am Lendrup-Strand in Dänemark zeigt mich im Kindergartenalter. Wir sind immer „zu Tante Hilde ins Häuschen“ gefahren. Unsere Tante Hilde war Deutsche, die 1961 nach Dänemark ausgewandert ist und dort noch einmal geheiratet hat. Seitdem lebte Sie bis zum Schluss am vergangenen Montag in Dänemark.
„Tante Hildes Häuschen“ war ihr Sommerhaus „Haus Pax“ am Lendrup-Strand. Auf dem Bild siehst Du es in den 1970er Jahren mit unserem Renault R4 davor. Pax ist das lateinische Wort für „Frieden“. Lendrup-Strand, die kleine Ferienhaus-Siedlung, die vorwiegend von Einheimischen und weniger von Touristen benutzt wurde und noch immer wird, liegt am Limfjord in der Nähe des Städtchens Løgstør. Dieses liegt in der heutigen Vesthimmerlands Kommune im Norden Jütlands.
Dort konnten wir, nicht nur meine Eltern und ich, sondern auch die Schwestern meiner Mutter mit ihren Männern und Kindern, immer bezahlbaren Urlaub machen. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend viele wundervolle und sehr glückliche Urlaube in Dänemark am Lendrup-Strand verbracht. Ich habe mich dort immer pudelwohl und heimisch gefühlt und war hellauf begeistert, wenn es wieder nach Dänemark zu Tante Hilde ins Häuschen ging.
Selbst als ich mich Anfang der 1990er Jahre als Student mit dem Studium der Publizistik in Mainz auf meinen heutigen Beruf als Journalist vorbereitete, durfte ich immer mit ein oder zwei Freunden zu Studenten-Budget-freundlichen Bedingungen „zu Tante Hilde ins Häuschen“ fahren. Wir haben uns dann immer für diese Möglichkeit revanchiert, indem wir Dinge im und am Haus repariert oder installiert haben. In einem Urlaub haben wir beispielsweise eine Satelliten-Schüssel nebst Receiver mitgebracht und montiert, damit Tante Hilde und ihre Gäste nicht mehr nur auf das über Antenne empfangbare dänische Staatsfernsehen beschränkt waren, sondern zusätzlich deutsche und internationale Sender nutzen konnten.
Und wir haben Tante Hilde dann immer besucht, die damals etwa eine Autostunde entfernt wohnte. Und im September 2001 – bereits berufstätig – habe ich „9/11“, den Terroranschlag auf das World Trade Center, in Haus Pax am Limfjord auf dem kleinen, alten Schwarzweiß-Fernseher gesehen, der auf einem Eckschränkchen stand.
Eigentlich wäre die Bezeichnung Tante nicht ganz korrekt, denn es bestand keine direkte Verwandtschaft. Hilde war mit dem Bruder meiner Oma mütterlicherseits verlobt. Doch der ist gegen Ende des zweiten Krieges als Marinesoldat ums Leben gekommen. Der Krieg hat damals so unglaublich vieles zerstört. Was er aber nicht zerstören konnte, war die Freundschaft, die meine Oma und Hilde seit dem verbunden hat. Auch als Hilde nach einer ersten Ehe in Deutschland dann 1961 entschied, nach Dänemark auszuwandern, blieb diese Freundschaft bestehen. Und sie färbte gewissermaßen auf die ganze Familie ab.
So entstand tatsächlich ein familiäres Band und für uns war Hildegard Rasmussen immer „unsere Tante Hilde“. Urlaube und viele gegenseitige Besuche, Familienfeiern, Hochzeiten, Taufen und mehr mögen als Beleg für diese familiären Bande dienen. Ein weiteres Zeichen dieser Bande ist, dass mein Mutter Patentante der älteren Enkeltochter von Tante Hilde ist.
Ohne dass ich jetzt eine Familienchronik oder ein Historienstück auszurollen brauche, hast Du sicher längst verstanden, dass Tante Hilde ein Teil der Familie war und auch auf mich in meiner Kindheit und Jugend einen Eindruck hinterlassen hat. Ihr habe ich – wie schon erwähnt – meine Liebe und Verbundenheit mit dem Land Dänemark zu verdanken. Ich trage dank Tante Hilde ein bisschen Dänemark in mir. Und das möchte ich eben hier in diesem Blog und dem Buch zum Ausdruck bringen.
Wie eingangs erwähnt, hat Tante Hildes überaus langes Leben am 12. Dezember ein friedliches und behütetes Ende gefunden. Daher bleibt mir nur eines:
Liebe Tante Hilde, vielen lieben Dank für all das Gute und Schöne und Dänische und die Hygge in meinem Herzen.